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Geheimnisse usbekischer Essskultur

Als besonders kennzeichnender und prägender Bestandteil der usbekischen Kultur und der zeitgenössischen Gesellschaft fungiert zweifelsohne die Küche Usbekistans. Die traditionellen Gerichte im heutigen Usbekistan sind ausgesprochen vielfältig, dabei aber moderat und tolerant, was vor allem das Würzen, Salzen, Abschmecken und spezielle Zubereitungsverfahren betrifft. Sie ist nie zu scharf, zu fett, zu bitter, zu süß, zu sauer etc. Die traditionellen Nahrungsmittel wurden primär durchs Alltagsleben und verschiedene religiös-kulturelle Komponenten der Völker Usbekistans und sekundär von (land-)wirtschaftlich-natürlichen Gegebenheiten geprägt. Deshalb unterscheiden sich die verschiedenen regionalen Gerichte und Zubereitungsmethoden in Usbekistan deutlich voneinander. Sie wurden mit dem Austausch über die Seidenstraße sowohl stark von der Küche des Vorderorients als auch von der uigurischen und indischen sowie von der russischen Küche beeinflusst. Die meisten Gerichte werden hauptsächlich aus Getreide, Mehl, Milch und Fleisch zubereitet. Aber zurecht gehören Gemüse, Obst, Kräuter und Hülsenfrüchte stets mit auf den Tisch, und Mehlprodukte haben einen gewichtigen Anteil in der einheimischen Küche. 

Bedeutung der Mahlzeiten in der Familie
Normalerweise wird im durchschnittlichen Haushalt einmal am Tag ein warmes Gericht für die ganze Familie gekocht. Die meisten Familien bevorzugen das Abendessen als Hauptmahlzeit und versuchen, gemeinsam an einem Tisch zu essen. Die Jahreszeiten, insbesondere der Winter und der Sommer, beeinflussen die Gestaltung der alltäglichen Speisekarten der Familien. Im Sommer gibt es neben einem warmen Gericht mehr frisches Obst, Gemüse und feine Milchspeisen, im Winter dagegen überwiegen deftige Suppen neben konserviertem Gemüse und Trockenfrüchten. Diese Variationen ergeben sich logisch aus dem großzügigen Segen der Natur Usbekistans. Des Weiteren existieren auch zwei Arten von Mahlzeiten: Winter- und Sommermahlzeiten. Diese Mahlzeiten verändern laufend den Inhalt und passen sich der aktuellen Zeit an. In der Regel werden sie nach der Sonne bzw. dem Tageslicht gestaltet.
Es kommt zuerst auf den Tisch und bleibt bis zum Schluss dort

Die Usbeken essen selbst Reisgerichte, Nudeln oder Broteintopf mit Brot. Brot gilt als nicht wegzudenkendes Hauptnahrungsmittel in Usbekistan. Zwar werden hier verschiedene Brotsorten gebacken, den Hauptanteil hat aber das Flachbrot bzw. das Fladenbrot, usbekisch: Non, das üblicherweise im Tonofen, dem Tandyr, gebacken wird. Einigen Brotsorten werden Zwiebeln und Fleisch, Grieben, Walnüsse, Kräuter und Gemüse beigemengt, und sie werden mit Sesamsamen bestreut. Mit dem Brot sind eine Vielzahl von Verhaltensregeln verbunden. Das Brot kommt immer als erstes auf den Tisch, und es wird in Usbekistan nicht mit einem Messer geschnitten, sondern von Hand geteilt. Das ist in der Regel das Vorrecht des Familienoberhaupts oder der ranghöchsten Person am Tisch. Respektlos gilt, das Brot mit dem Gesicht nach unten auf den Tisch zu legen. Man sollte auch Brot stets in gerader Anzahl kaufen und es in die Einkaufstasche zuoberst packen. „Wer auf Brot tritt, wird blind“, lautet ein altes usbekisches Sprichwort. Wie nicht nur in muslimischen Ländern üblich, wird dem Brot besondere Hochachtung gezollt. Hohe Anerkennung und große Beliebtheit genießen die Fladenbrote aus Samarkand, Taschkent, Buchara und Margilan. Neben Fladenbrot werden in Usbekistan selbstverständlich auch andere Brotsorten gebacken, wie Kastenbrot, Schwarzbrot, Dunkelbrot, Vollkornbrot sowie Mais- und Reisbrot.

Neben traditionellen Fladenbroten findet man etliche Feinbackwaren, die das breite Brotsortiment nochmals unterstreichen. Diese Leckerbissen sind z. B. Qatlama, fettige Schichtfladen, die in der Pfanne ausgebacken werden. Aus dünngerolltem Sauerteig werden unterschiedliche Fladen, darunter beispielweise Tschusma, Djupqa und Tschalpak, gebacken. Für dieses Gebäck verwendet man sowohl Hefe- oder Sauerteig als auch ungesäuerten Teig oder Eierteig. 
(Nicht) obligatorische Vorspeisen
Als Vorspeise serviert man meist verschiedene Salate und Snacks. Die Salate sind in der Regel saisonbedingt, und zwar im Frühling, Sommer und Herbst frisch zubereitet, im Winter eingelegtes Gemüse. Die Salate in der usbekischen Küche haben überwiegend koreanische oder russische und persische Herkunft. Während traditionelle Salate aus frischem Gemüse kaum mit Öl oder Sauce angemacht werden, sind koreanische Salate von scharf-sauren Soßen, Essig und intensiven Gewürzen geprägt. Bei russischen Salaten herrschen hingegen pflanzliches Öl und Mayonnaise stark vor. Genauso wie in den Nachbarländern sind hierzulande auch Milchprodukte wie Käse, Quark, Sauermilch oder Sauerrahm ausgesprochen beliebt als Vorspeise. 
Nachspeise für jeden Geschmack
Die Nachspeise bzw. der Nachtisch in der usbekischen Küche wird hauptsächlich davon bestimmt, was das saisonale reiche Angebot an Obst und Früchten, daneben auch die Gastfreundschaft und Gastgeberkunst verfügbar macht. Das bedeutet, dass in den entsprechenden Jahreszeiten der Tisch von der Üppigkeit der aufgetischten Früchte beinahe zusammenbricht; im anderen Fall kann als Dessert eine Palette getrockneten Obstes oder fein gebackene Kuchen sowie köstliche Süßigkeiten samt Konfitüren gereicht werden. Außer Frischobst kann man in Usbekistan nicht weniger feine Desserts kosten. Dabei sind aus Eierteig gebackene Leckereien und Kekse wie Qusch-tili, Bugirsoq, Chak-chak, Pachlawa usw. am bekanntesten. Hinzu kommen etliche Leckerbissen und Süßigkeiten nach alten Rezepten, die jedoch nur zu bestimmten Anlässen oder Jahreszeiten zubereitet werden: Chalwa - der kleine Bruder des „türkischen Honig“: davon gibt es Dutzende Arten. Chalwaitar, ein cremiger Mehlbrei mit Zucker und Öl, leicht gekocht und gebraten. Sumalak, eine rituelle Speise zum Nawroz-Fest, aus Mehl, Weizensprossen, Öl und Wasser einen Tag lang gekocht. Nischolda, eine aus Zucker, Eiweiß und dem Sud der Seifenwurzelpflanze geschlagene Schaummasse.
Getränke und Teezeremonie
Tee ist in Usbekistan genauso ein „unantastbarer“ Bestandteil wie Brot bei Mahlzeiten. Tee gilt zwar primär als Getränk, aber beim Essen werden ihm viele andere „Funktionen“ beigemessen, wie Pausenfüller, Begrüßungsmittel, Gesprächsbelebung, Themenwechsel sowie symbolischer Hinweis auf Ehre und Ergebenheit. In Usbekistan wird beim Essen generell der Tee, meist grüner, in großen Kannen zubereitet und aus zierlichen Teeschalen getrunken. Allerdings kommen in Familien heute auch Kaffee, Milch, gefiltertes Wasser sowie Saft und Kompott in Mode. Usbekistan ist kein Kaffeeland, und Kaffee wird hier in der Regel als „instant“ aus löslichem Kaffeepulver getrunken. Säfte, Limonade oder Kompott werden meistens zur heißen Jahreszeit getrunken, und im Sommer bekommt man ebenso überall traditionelle Getränke wie Ayran oder Qumiz (Pferdemilch) angeboten. 
Die Teezeremonie
Teezeremonie ist eine der schönsten Traditionen der usbekischen Küche. Zuerst wird der gerade gebraute Tee in eine Teeschale und wieder zurück in die Kanne gegossen (damit er genügend zieht und gemischt wird). Nach ein paar Minuten wird die erste Schale zu einem Fünftel gefüllt dem Gast oder Familienoberhaupt überreicht. Es existiert eine ganze Reihe von Bräuchen der Teezubereitung, Teebewirtung und des Teetrinkens. Der Tee wird je nach Vorliebe mit Zucker, Zitrone, Milch und Honig verfeinert. Die Choykhona (=Teestube) ist eine sehr wichtige Traditionskomponente und ein volkstümlicher Treffpunkt in der usbekischen Gesellschaft. Sie wird immer an einem schattigen Ort, gesäumt von Bäumen und sprudelndem Wasser, als gemütlicher Geheimtipp errichtet. Die beliebten Choykhonas werden zum Stammlokal bestimmter Personengruppen, und hier werden nicht selten gewichtige Themen und Diskussionen sowohl privater, als auch regionaler Bedeutung besprochen. In Choykhonas sitzt man unter schönen Bäumen, Baldachinen (im Sommer) oder in warmen Räumlichkeiten (im Winter); dann nimmt man Platz auf Sofas (Supa, Taptschan) an niedrigen Tischen und halbliegend wie die alten Römer lässt man es sich gut gehen. Gewöhnlich amüsiert oder entspannt man sich bei gutem Essen und pausenlosem Teetrinken. Die fröhlichen und freundlichen Unterhaltungen neben lustigen Spielen mit herzlicher Geselligkeit gehören selbstverständlich dazu.
Fazit
Die Einheimischen legen überaus großen Wert auf Reinheitsgebote und Verhaltensnormen bezüglich Essen und Mahlzeiten. Vor dem Essen muss man die Hände waschen und den Tisch liebevoll decken. Wenn die Speisen serviert sind, wartet man ab, bis sich alle im Haus anwesenden Personen an den Tisch gesetzt haben. Vor dem Essen muss (sic) eine kurze Danksagung erfolgen, dann greift man auf bittende Ansage hinzu. Nach dem Essen erfolgt nochmals ein Danksagungsgebet unter Leitung des Familienoberhaupts, und dann wird der Tisch samt Küche gründlich aufgeräumt. Bei einigen rituellen Gerichten oder ähnlichen Anlässen wird das Dankesgebet von bestimmten Koransuren und ausführlichen Beten, Bitten und Anrufungen begleitet. Einen besonderen Stellenwert unter den traditionellen Speisen haben solche Gerichte, die zu rituellen Festmahlen oder feierlichen Anlässen zubereitet werden. Bei einigen Riten spielen die Speisen eine entscheidende Rolle. Daher haben die volkstümlich-rituellen Speisen neben ihrer Hauptfunktion, der reinen Befriedigung der Bedürfnisse, und zwar dem Stillen des menschlichen Hungers, wie in anderen Kulturen weitere mentale Funktionen und spiegeln die geistige Welt der hiesigen Völker wider.