Nikoh Toy - Die Vermählung
Eine durchschnittliche Hochzeit besteht mittlerweile aus sieben verschiedenen Zeremonien bzw. Szenen und Akten, wobei moderne Sujets die alten, traditionellen Gepflogenheiten verdrängen.
Erster Schritt: „Utschraschuw“ (Zusammentreffen)
Ein „zufälliges“, jedoch penibel arrangiertes Rendezvous (Kennenlernen) zwischen der jungen Frau und dem jungen Mann. Obgleich man sich schon lange kennt oder gerade kennenlernt, muss der junge Mann seinen Wunsch per Brautwerberinnen den Eltern seiner Auserwählten bekannt geben. Wie stark der erste Eindruck gewirkt hat, zeigt sich an den Geschenken, die man bei diesem Treffen gegenseitig überreicht. Wenn die Eltern der jungen Frau nach den Ansprachen der Anstandsfrauen eingewilligt haben, laden sie die Eltern des jungen Mannes und ihn selbst ein, um sie allesamt kennenzulernen bzw. konkret über die Angelegenheit zu sprechen: das genaue Datum, Mitgift, Aussteuer, „Muttermilchgeld“, Pilaw usw.
Der zweite Schritt heißt „Non sindirish“ sowie „Oq örar“ („Brot brechen“ und „mit Weiß umhüllen“). Das bedeutet, dass die Eltern beider Seiten einverstanden sind, und die jungen Leute dürfen heiraten. Bei der Sitte „Oq örar“ wird ein weißer Stoff als Symbol für Eintracht und Glück geschenkt und danach mit rituellem Brotbrechen die künftige Hochzeit als Abmachung besiegelt.
Dritter Schritt:„Fotiha toy“ (Verlobung) Nachdem beide Seiten die Hochzeit endgültig verabredet haben und sich im Klaren sind, legt man ein Datum für den nächsten Akt des Ritus fest – die Verlobung, bei der die zwei jungen Menschen verlobt werden. Daraufhin vereinbaren die Eltern gemeinsam mit den beiden Verlobten die Details: wann, was, wo, wie, wem etc.
Vierter Schritt: „ZAGS“ (Trauung). Registrierung auf dem Standesamt, ein unverzichtbarer Akt. Sie findet entweder direkt am Tag des Hochzeitsfestes oder kurz davor statt. In jedem Fall geht es dabei überaus fröhlich zu, die jungen Verlobten fahren samt Trauzeugen und sämtlichen Freund(inn)en zum Standesamt und nach unterschriebener Eheschließung geht die gesamte Gesellschaft in einen Vergnügungspark oder ein Café, wo sie die Trauung ausschweifend feiern.
Ungefähr eine Woche nach der Hochzeit rufen die Eltern der Braut ihre Tochter zu sich. Dabei ist ihre neue Familie selbstverständlich mit eingeladen. Diese „Einladung“ nimmt dann üblicherweise riesige Ausmaße an, mit Musik, Tanz, Geschenken und sechsgängigem Menü etc. Am Ende von „Tschallar“ verteilen die Gastgeber jedem Gast bzw. Familienmitglied des Bräutigams extra ein Geschenk, auch an Abwesende. Damit kommen die Hochzeitsfeierlichkeiten schließlich zum Ende.
Usbeken legen überaus großen Wert auf die Kulissenhaftigkeit der Hochzeiten und halten sie für eine Art der Demonstration der eigenen tadellosen Reputation. Die immensen Kosten werden zum Teil von der Verwandtschaft und Nachbarschaft getragen. Aber als primäre Quelle zur Finanzierung bleiben in der Regel die Eltern bzw. die Familie und Jungvermählten selber.
Die Hochzeiten erleben auch gewisse Formen der Globalisierung bzw. Modernisierung und passen sich der Mode und Moderne an, indem alte tradierte Riten und Zeremonien durch „importierte“ neue Elemente verdrängt werden. Ganz entscheidend ist, dass sich die Familien und v. a. die jungen Verlobten an der Planung und Veranstaltung der Hochzeit für oder gegen einen dieser Akte entscheiden können.