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Usbekistan-Knigge

Usbekistan-Knigge Hier möchten wir Eigentümlichkeiten des Alltags in der usbekischen Gesellschaft näher schildern. Vielleicht können die Hinweise helfen, Land und Leute besser zu verstehen und authentisch zu erleben. Ihre usbekischen Kollegen erwarten von Ihnen also nicht, dass Sie bereits zu Beginn Ihres Aufenthaltes mit allen Feinheiten der usbekischen Kultur vertraut sind. Die unten beschriebenen Situationen haben ausschließlich einen idealtypischen Charakter, d. h., es sind durchaus Abweichungen vom sog. „Verhaltenskanon“ möglich.

Sich Grüßen und Begrüßen
Man begrüßt einen noch „Unbekannten“ mit dem typischen Assalomu-aleykum, bei offiziellen Gelegenheiten gewöhnlich mit Vorname und Vatersname, hingegen in privatem bzw. inoffiziellem Umfeld mit einem einfachen Salom! (Grüß dich), Hormang! (sind Sie ok?), Qalay? (wie geht´s?) usw. Die Begrüßungsformen in Usbekistan decken ein breites Spektrum ab; Handgeben, mehrfach auf die Wangen Küssen, sich umarmen, sich verbeugen, auf die Schulter klopfen, die Hand auf die Brust legen usw. Jede dieser Formeln gehört zu einer bestimmten Situation bzw. dem erreichten Bekanntschaftsgrad. Kollegen, Verwandte, gute Bekannte können sich mit Handschlag begrüßen. Beim ersten Mal begrüßt man sich ungeachtet von Alter und Geschlecht meistens bloß verbal mit Assalom-aleykum. Kennt man sich noch nicht, begrüßen Damen (unabhängig vom Alter) sich, indem sie sich am Ellenbogen fassen; später dann, wenn man sich besser kennt, mit Umarmen und 3-fachem gegenseitigem Wangenkuss. Bei Männern läuft es etwas anders ab: beim ersten Teffen mit dem üblichen Handschlag und später, wenn man sich näher kennt, zusätzlich mit festem Umarmen. Männer begrüßen in privaten Situationen Damen nicht mit Handschlag, sondern mit einer Hand auf dem Herz und Assalomu-aleykum. Dabei lässt man sich bei Frauen, die man schon kennt, auf die Schulter klopfen, während man sich als Mann ehrfurchtsvoll verneigt. Hingegen gilt das Begrüßen einer Dame in „offiziellen“ Kreisen per Handgeben als völlig normal. Das Ignorieren oder Überhören von Begrüßungen wird in der Gesellschaft als überaus asozial, inakzeptabel und entwürdigend betrachtet.
Empfang und Abschied von Gästen

Der Empfang und Abschied von Gästen muss immer an der Hof- bzw. Wohnungstür persönlich durch den Gastgeber bzw. die Gastgeberin erfolgen, selbst wenn diese/r bei Ankunft der Gäste mit irgendetwas anderem beschäftigt ist. Dabei gilt es als unhöflich, ein jüngeres Familienmitglied oder ein Kind zur Begrüßung oder zum Abschied der Gäste zu schicken.

Immer (noch) relevant bleibt die richtige Tisch- und Sitzordnung
Die usbekische Tisch- und Sitzordnung, sei es am runden oder eckigen Tisch, ist in allen Regionen und allen Bevölkerungsschichten denkbar einfach: je weiter vom Ausgang, desto ehrenhafter ist der Sitzplatz. Der vom Ausgang am weitesten entfernte Platz ist dem ältesten und „höchstrangigen“ männlichen oder weiblichen ((sic!) Gast reserviert. Ihm/ihr folgen andere Gäste, die wiederum in Abstufung ihres Status‘ zu platzieren sind. Der Gastgeber weist die Plätze zu und nimmt selbst einen Platz nahe dem Ausgang ein, um Speisen weiterreichen bzw. für ständigen Nachschub aus der Küche sorgen zu können. Er nimmt manchmal auch den Platz direkt neben dem Ehrengast ein, um ihn nicht „allein zu lassen“. In dem Fall sollte der Platz am Ausgang, von dem aus zwischen den Gästen und der Küche kulinarisch „vermittelt“ wird, von einer Person, einem Familienangehörigen oder einem jüngeren hilfsbereiten usbekischen Kollegen besetzt werden. Im Idealfall sitzen fremde Männer und Frauen in zwei separaten Räumen bzw. an zwei separaten Tischen voneinander getrennt. Aber heutzutage ist dies in den meisten Fällen nicht (mehr) praktikabel.
Korrektes Verhalten beim Essen
Es ist in Usbekistan noch heute ein unverzeihlicher Fauxpas, sich bei Tische in Gegenwart anderer die Nase zu putzen (gleich ob ein kurzes Schnäuzen, ständiges Hochziehen oder ein kräftiges „Blaskonzert“). Man sollte nach Möglichkeit jedes Mal aufstehen, den Tisch verlassen und die Waschräume, soweit vorhanden, aufsuchen oder nach draußen gehen, damit Geschäftspartner bzw. Gäste begleitende Geräusche nicht mitbekommen. Auch ein diskretes Abtupfen der Nase beim Essen ist tunlichst zu vermeiden. Genauso werden auf den Tisch niesen oder husten sowie sich im „offenen Mund mit dem Zahnstocher zu wühlen“, sein Gegenüber lange anzustarren, laut und pausenlos zu schwätzen und zu schlürfen, dauerhaft zu gähnen oder dauerhaft mit dem Besteck zu trommeln zumindest als Störfaktoren angesehen.
Mehr als nur Tee...
Ob geschäftlich oder privat: es wird empfohlen, jede längere Begegnung bzw. Unterredung nach Möglichkeit mit einem Tee zu beginnen. Bei der usbekischen Teezeremonie geht es immer um etwas mehr als nur um Tee. Das Teetrinken ist in einer Gesellschaft wie der usbekischen außerordentlich wichtig, denn viele wichtige Angelegenheiten, wenn nicht alle, dürfen nicht mit trockenem Mund besprochen werden. Dies ist wohl durch das heiße und trockene Klima bedingt. Im übertragenen Sinne bedeutet das folgendes: Die Münder bzw. die Seelen Ihrer Gesprächspartner gehen im Dampf eines gekochten Tees auf wie eine Muschel. Wenn es sich um ein wichtiges Gespräch handelt, bei dem unangenehme Probleme erörtert werden müssen, dann kühlt der Tee nicht nur den Körper, sondern auch erhitzte Gemüter ab. Denn bei der ersten Schale finden zuerst die Scharmützel unbedeutender Worte statt, die den eigentlichen Wortschlachten voranzugehen pflegen.
Abendessen oder Abendbrot?
Die protestantische Weisheit „Frühstücken wie ein Kaiser, Mittagessen wie ein Fürst, Abendessen wie ein Bettelmann“ gilt in Usbekistan leider in umgekehrter Reihenfolge: das Abendessen ist sehr oft die Hauptmahlzeit des Tages. Wenn Sie aso in Usbekistan zum Abendessen eingeladen werden, stellen Sie sich auf eine üppige Abendmahlzeit mit mindestens zwei warmen Gerichten ein.
Obligatorische „Hüstel-Etikette“ für alle
Beim Eintreten in einen privaten oder Dienstraum, egal als Mann oder Frau, wo die „Gastgeber“ sowie die Frauen sitzen, soll man zuerst freundlich klingeln, klopfen, dann entweder rufen oder höflich hüsteln. Damit kündigt man seinen Besuch akustisch an, bevor man gesehen wird, und die drinnen sitzenden Personen haben Zeit, sich in Ordnung zu bringen und die „richtige“ bzw. „anständige“ körperliche Haltung einzunehmen und adäquat zu reagieren.
Pausenfüller? Unbedingt!
Wenn Sie bei einer usbekischen Familie zum Abendessen eingeladen sind, sollten Sie darauf achten, dass während Ihres Besuchs vor, während und nach dem Abendessen keine längeren Pausen (über 5 Min.) entstehen, denn diese werden von Usbeken als unbehaglich, unangenehm und peinlich empfunden. Selbst wenn Sie gerade keinen passenden Gesprächsstoff parat haben, sollten Sie sich bemühen, solche langen Pausen mit sog. Pausenfüllern zu überbrücken: nach Kindern, Familie, Wetter, Job, etc. fragen. Eben ein Small Talk, ein kleines leichtes geselliges Gespräch ohne tiefgründige Diskussion. Das verpflichtet Sie keinesfalls dazu, dass Sie wie ein Maschinengewehr dauernd rattern müssen. Natürliche kurze Pausen zum Nachdenken, Luftholen, Teetrinken, Schlucken, zur Nahrungsaufnahme etc. sind durchaus möglich.
Keine getrennten Rechnungen
In Usbekistan ist es normalerweise nicht üblich, in einem Restaurant getrennte Rechnungen zu verlangen, weil das gemeinsame Essen Verbundenheit demonstriert und getrennte Rechnungen können dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit enorm beeinträchtigen. Man wird entweder „eingeladen“ oder man lädt selber seinen Gesprächspartner ein oder man einigt sich schon im Vorfeld über die Aufteilung der Kosten nach dem Essen. Deswegen wird in Restaurants selbstverständlich eine gemeinsame Rechnung verlangt.
„Und, brechen wir auf?“ „Nein! Noch nicht!“
Sollte Ihr Aufenthalt bei einer usbekischen Gastfamilie nach dem Abendessen Ihnen länger als angenehm erscheinen, sollten Sie und auch Ihre Begleiter auf das geringste Zeichen von Ungeduld sowie Beeilen verzichten und in Gegenwart Ihrer Gastgeber Sätze wie „ich muss morgen früh aufstehen / etwas wichtiges erledigen“; „Schatz, wie spät ist es?“ etc. tunlichst unterlassen. Auch sollten Ihre Worte im Einklang mit Ihrer Körpersprache stehen, d. h., weder ein demonstrativ langer Blick auf die Wanduhr noch entnervtes Nesteln an der Armbanduhr sind angebracht; keine eng an den Körper gepressten Arme. Die Usbeken sind große „Dechiffrierer“ und werden es sofort merken! Das wäre ein Affront Ihren Gastgebern und Freunden gegenüber. Und vergessen Sie bitte nicht, dass der Gast bei den Usbeken einen quasi heiligen Status genießt. Es heißt: „Der Gast ist genauso hoch zu verehren wie die Eltern!“ Die Usbeken würden Ihre Gastfreundschaft nicht über Gebühr strapazieren. Sie können dennoch ein höfliches Zeichen zum Aufbruch setzen, indem Sie einen „abschließenden“ Tee trinken möchten. Die usbekischen Gäste brechen für gewöhnlich nicht einzeln auf, sondern alle gleichzeitig. Eine Aufforderung dazu kommt fast immer von der Person mit dem höchsten Status, d.h. der ältesten angesehendsten Person, die wie ein Kommando an alle Anwesenden klingt: „Khosh, turdik!“ („Los, wir brechen auf!“). Ihr usbekischer Gastgeber wird jedenfalls sehr schicklich und inständig versuchen, Sie und die übrigen Gäste aufzuhalten, indem er Sie energisch bittet und überredet, noch eine Weile länger zu bleiben („Der Abend ist noch jung! Morgen ist Sonntag!“ etc.). Aber seien Sie sicher: keiner der usbekischen Gäste würde seiner Bitte gehorchen und noch bleiben.
Ein guter Ruf bedeutet überaus viel
In der usbekischen Gesellschaft sind Verwandtschaft, Bekanntschaft und Freundschaft nach wie vor fürs Arbeiten, Studieren, Zusammenleben und Entfalten einer jeden Person ausschlaggebend. Es besteht ein fester Zusammenhalt nicht nur innerhalb der Familie, sondern auch im beruflichen Umfeld und in der Nachbarschaft. Solche verbindenden Beziehungen zu vermeiden wird als äußerst unerwünscht angesehen und ungern akzeptiert. Demzufolge sollte man stets durch tadelloses Benehmen ein vertrauenswürdiges Image aufbauen und es wie seinen Augapfel schützen, weil damit oft das Ansehen und die Bewertung der ganzen Familie und mehrerer anderer Personen zusammenhängen.