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Mirzo Muhammad ibn Schahruh ibn Timur Ulugbek Guragan (1394-1449)

König im Dienste der Astronomie

Mirzo Ulugbek– Regent von Samarkand (1411- 1449) ist in die Geschichte als beherzter Gelehrte, als eine bekannte Person seiner Epoche, als hervorragender Mathematiker und großzügiger Lehrer eingegangen. Ulugbek hat ebenso wie die ruhmvollen Universalgelehrten aus dem islamischen Morgenland, die mit Ihren Werken und ihrem Schaffen die Wissenschaft voranbrachten, wodurch sie den weltweiten Zivilisationsreichtum im Nachhinein beeinflussen können. Er gilt sowohl als Stifter einer der erfolgreichsten Sternwarte des Mittelalters, als auch als einer der Autoren vom sagenumwobenen Sternenkatalog „Zidschi – Kuragoniy“ (Bräutigam´s Sternatlas), bereits im XVI. Jahrhundert über die Türkei Europa erreichte und in Wissenschaftlerkreisen des Abendlandes hohe Anerkennung erfuhr.

Geburt unter glückverheißendem Stern

Geburt unter glückverheißendem Stern

Ulugbek - Enkel vom Amir Timur - wurde 1394 in der Stadt Sultaniya geboren. Sein Vater Schahruh war direkter Nachfolger vom großen Tamerlan und herrschte erfolgreich einige Jahrzehnte lang. Seine Mutter Gavhar Schad begim war eine Prinzessin mit überaus guter Ausbildung und feiner Einstellung der Kunst gegenüber. Vor allem die stetige Fürsorge und sorgfältige Aufsicht bezüglich der Bildung ihrer Kinder trug zu der aussergewöhnlichen Entwicklung Ulugbeks bei, sodass der kleine Prinz die Zeiten in geräumigen Bibliotheken und bei Lehrern zu verbringen bevorzugte. Schon als Kind zeichnete sich Ulugbek durch sein außergewöhnliches Gedächtnis und Sprachbegabung aus. Er lernte sehr schnell Arabisch, Persisch und Indisch, später näherte er sich dann der Dichtungskunst und der Literatur. In der Bibliothek lernt er den Kadzi zade Rumiy –  einen angesehenen Mathematiker und Astronom am Hofe kennen, der aufs Ulugbeks Weltanschauung und sowie auf seine Neigungen und sein Leben allgemein einen starken Einfluss ausgeübt haben soll.

Kulanter Stifter der Aufklärung

Kulanter Stifter der Aufklärung

Als Hauptstadt eines Weltreichs stieg Samarkand zur wichtigsten Hochburg von Kunst und Kultur auf. Als 17 jähriger Thronfolger wurde Ulugbek auf Geheiß seines Vaters zum Statthalter von Samarkand ernannt. Während seiner Herrschaftsjahre gelang es Ulugbek die bekanntesten Gelehrten und Künstler seiner Periode unter einem Dach zu sammeln. Kurz zuvor hatte Ulugbek angefangen, Reformen durchzuführen, vor allem in den Bereichen Landwirtschaft, Steuer, Architektur und Bildung. Die eindeutigen Bespiele für sein umfassendes Mäzenatentum zeugen noch heute von genuiner Erhabenheit eines Wissenschaftlers. Drei Medresen – mächtige Lehranstalten der damaligen Epoche - tragen seinen Namen; die Ulugbek Medrese in Buchara, die Ulugbek Medrese in Gijduvan und die Ulugbek Medrese in Samarkand. Eine Hadith über dem Eingang der Ulugbek Medrese in Buchara bestätigt zweifellos aufs Beste seine Verhältnisse zur Wissenschaft und Bildung insgesamt; „Das lebenslange Streben nach Wissen bzw. Erkenntnissen ist die Pflicht sowohl eines jeden Muslims, als auch jeder Muslima“.
Zielstrebiger Lehrer und Freund

Zielstrebiger Lehrer und Freund

Ulugbek folgte zeitlebens der Maxime, die Wissenschaft soll immer allein und einzig der Wahrheit dienen, das Handwerk aber dem wohlversorgten Alltagsleben. Daher hat er selber auch nebst Regierungsballast als Lehrkraft in der Medrese in Samarkand gearbeitet. Er hat dort seine Lieblingsfächer Mathematik, Geometrie und Astronomie unterrichtet. In dieser Medrese auf dem Registan haben neben Ulugbek Schulter an Schulter auch weitere exelente Köpfe ihrer Epoche emsig gearbeitet, wie Kadzi Zade Rumiy, Giyas ud-Din Dschamschid, Abbos ibn Ali -Kaschi und der treue Nachfolger von Ulugbek Ali-Quschtschi. Ulugbek´s grosse Vorliebe zur Astronomie wuchs mit der Zeit zur sakralen Aufgabe für ihn und sein ganzes Leben. Infolgedessen erliess er eine Sternwarte auf einem Hügel nahe der Stadt Samarkand errichten, die im Jahr 1428 nach dem Modell Maragha´s Observatorium fertiggestellt werden konnte. Daraufhin sollen alle Gelehrten mit etlichen Studenten und dem Großteil der Hofbibliothek in das Gebäude von Sternwarte umgezogen sein.
Aus Leidenschaft zum Lebenswerk

Aus Leidenschaft zum Lebenswerk

Laut historischen Quellen hatte das Observatorium von Ulugbek eine Zylinderformund eine Höhe von 30,4 m und war dreistöckig aufgebaut. Der Durchmesser vom Zylinder war 46,40 m und das Gebäude trug die schönsten Bautraditionen der Timuriden Architektur in sich fort. Die äussere Hülle des Observatorium bildete ein sehr feiner Fliesenbrokat, wie viele Bauwerke aus jener Epoche. Bei der Errichtung der Sternwarte erwies sich die eigentliche Warte erdbebensicher zu machen als eine Mammutaufgabe und als das offensichtlich größte Problem. Deswegen hatte man in  das einstehende des Hügels eine etwa 2,5 m breite Vertiefung geschlagen und diese mit Ziegelsteinen ausgekleidet und in der so entstandenen Rinne das Segment eines Sextanten - unterteilt in Winkelgrade und Minuten – fixiert aufgebaut. Der Sextant wurde vom Süden nach Norden orientiert eingerichtet, was nämlich als äußerst ungewöhnliche Position augenscheinlich erscheint. Jedoch gerade dieser Konstruktion hat die erstaunenswerte Exaktheit der Beobachtungen und Berechnungen schlussendlich zu verdanken. Das über dem Sextanten angeordnete Gebäude war rund und überkuppelt und wies zahlreiche Haupt- und Nebenräume auf. Daneben gab es noch kleinere Instrumente wie eine Armillarsphäre, Astrolabium, verschiedene Zeichnungen, Rechentabellen, Karten etc. Die Sternwarte blieb über 20 Jahre lang als Alma Mater für Ulugbek und seine Genossen.
Das Lebenswerk wird zum Werk der Ewigkeit

Das Lebenswerk wird zum Werk für die Menschheit

Die Ergebnisse von zwei Jahrzehnte langer und mühevoller Arbeit bzw. Beobachtungen haben ihren Ausdruck in bunten Tabellen, Karten, Kompendien, Abschriften und als Höhepunkt im vierbändigen Traktat „ Zidsch-i-Dschadidiy Kuragoniy“ gefunden. Im ersten Band werden die damals bekannten Zeitrechnungsmethoden verschiedener Völker; im zweiten die aktuellen Fragen und Unstimmigkeiten der Astronomie geschildert bzw. besprochen. Der dritte Band widmet sich den Bewegungen und Umlaufbahnen diverser Himmelskörper, der vierte befasst sich ausführlich mit der Astrologie, indem Ulugbek versucht die Begriffe Astrologie von Astronomie zu differenzieren bzw. auszusondern. Im Traktat lassen sich noch heute magische Ziffern, voluminöse Berechnungen und lupenreine Genauigkeit bewundern.
Der Sternatlas

Der Sternatlas

Der Sternatlas Ulugbeks enthält die Koordinaten von 1018 Gestirnen, darunter werden die Fixsterne von den sichtbar beweglichen Planeten untzerschieden; weiterhin werden die Jahreskalender von Indern, Römern, Chinesen und Persern erörtert, nebenher wird Ulugbek´s Zeittafel herbeigeführt, er errechnete im 1444, dass ein Sonnenjahr aus 365 Tagen, 6 Stunden, 10 Minuten und 9 Sekunden besteht. Moderne Zeitrechnungsmethoden haben ergeben, dass seine Abweichung bloß 58 Sekunden beträgt. Des Weiteren hat man in dieser Sternwarte die Neigung von der Ekliptik zum Äquator und die Länge eines Sternjahrs sehr genau ausgerechnet. Die Leistungen und Berechnungen vom Ulugbek´s Observatoruim sind weitestgehend bestätigt und zum Teil ausgebessert worden. Der Sternatlas „Zidschi- Kuragoniy“ ist bis zur Entdeckung von Teleskop als unüberwindbare Höchstleistung der Astronomie über Zentralasien hinaus zur Geltung gekommen. 
„Könige vergehen, Riesenreiche verfallen“

Könige vergehen, Riesenreiche verfallen“

Angesichts mangelnder Interessen oder Zeit für Staatsangelegenheiten und Politik hatte Ulugbek die einschleichende Erzürnung am Hofe nicht frühzeitig gesehen. Vor allem Ortodoxe Geistliche betrachteten seine Beschäftigung im Observatorium  mit wachsendem Argwohn. Zudem war er kein typischer Feudalherr und ein relativ schlechter Feldherr. Die radikalen Geistlichen hatten den Astronomen Ulugbek stets in der Häresie bezichtigt und seinen strenggläubigen Sohn – Abdullatif - gegen ihn aufgehetzt. Aus dieser Fehde ging Ulugbek als Verlierer heraus und musste seinen Thron einbüßen. Demzufolge wurde Ulugbek zu einem Bußgang gezwungen, indem er offenkundig abdankte und eine Pilgerfahrt nach Mekka als Sündenbekenner unternahm. Leider stifteten die abtrünnigen Sufis einen heimtückischen Meuchelmord vom Gelehrten an, wobei Ulugbek bereits zur Pilgerreise aufgebrochen war. In der Folge waren die Alma Mater von Samarkand, die Sternwarte und die Bibliothek von Ulugbek der endgültigen Ausplünderung ausgesetzt. Aus orthodoxen Sicht wurde das Observatorium als Sinnbild ketzerischer Gotteslästerung in Schutt und Asche gelegt.
„Jedoch bleibt etwas übrig, bzw. für immer bestehen“

„Jedoch bleibt etwas übrig, bzw. für immer bestehen“

Die Wahrheit bricht niemals zusammen, trotz erbarmungslosen Vertreibungen und Verfolgungen gelang Freunde von Ulugbek die Flucht aus Samarkand und Rettung weniger Bücher. Einer davon war Ali-Quschtschi – Ulugbek´s lebenslanger Schüler und Freund. Er floh zunächst aus Samarkand nach Chorasan und später in den Iran. Über Iran reiste er weiter in die Türkei, wo er vom Sultan Murad III. in Istanbul willkommen empfangen wird. Ali-Quschtschi konnte so den wertvollen Sternenkatalog „Zidschi-Kuragoniy“ aus den chaotischen Jahren retten und er selber hat in Hagja Sophia Medrese weiterhin verschiede Fächer unterrichtet. Auch konnte Ali-Quschtschi noch an dem Bauprozess vom osmanischen Observatorium direkt teilnehmen. Dabei war angeblich die Sternwarte von Samarkand als Vorbild angenommen und Ali-Quschtschi hat noch einige Jahre überaus erfolgreich dort gearbeitet. 
Ulugbek´s Sterne über dem Abendland

Ulugbek´s Sterne über dem Abendland

Dank Ali-Quschtschi hat Ulugbek´s Sternatlas letzlich die Jahrhunderte überdauert. Zuerst wurde der Katalog in das Türkische, dann in das Arabisch übersetzt. Über Istanbul erreichte der Katalog im XVI. Jahrhundert schliesslich Europa, wo er in Bologna ins Latein übersetzt wurde und daraufhin regelrecht herausgegeben wurde. Von Italien fanden Exemplare von „Zidschi-Kuragoniy“ an die grossen Universitäten im Abendland, sodass europäische Astronomen ihrerseits voller Begeisterung zu diesem Sternatlas eigene Rezensionen und Kommentare geschrieben haben (Johannes Hevelius, Karl Leibnitz, Tychos Brachas usw.). Heutzutage steht Ulugbek´s Sternatlas als früher Kompass in der Astronomie in einer Reihe mit den Werken von Ptolomeus, Gallileo, Kopernikus oder Brachas.
Das Licht überwiegt die Schatten

Das Licht überwiegt die Schatten

Infolge der fortwährenden Angriffe war selbst der Standort des Observatoriums gegen Ende des XVII. Jhd. völlig verschwunden. Erst Anfang des XX. Jhd.(1908) gelang es dem berühmten russischen Archäologen Vjatkin, diesen Ort anhand alter Manuskripten ausfindig zu machen. Vijatkins Truppe suchte und grub Jahre, bei den Ausgrabungen hatte der ehrgeizige Orientalist mit beklommenem Herzen bis zuletzt darauf gehofft, die Überreste von der berüchtigten Bibliothek zu finden, leider jedoch vergebens. Allerdings haben die Archäologen neben ganzen Haufen verzierter Kacheln, Backsteinen, Majoliken und verkohlten Holzresten die Teile eines gewaltigen, in einen Felsen getriebenen Sextanten ausgegraben.
Ulugbek in seiner Heimat

Ulugbek in seiner Heimat

Dem erhabenen Gelehrten Ulugbek wird heutzutage sowohl in der Weltgemeinschaft und selbstverstäntlich in seiner Heimat große Ehre und Würdigung zuteil geworden. UNESCO lanciert die Erudition seines wissenschaftlichen Erbes und organisiert hierfür regelmässig Konferenzen. Seine Geburtstage werden als Jubiläum begangen. In Usbekistan trägt die Nationale Universität seinen Namen, alleine in Taschkent heißen nach ihm eine U-Bahn Station, ein Stadtbezirk sowie eine große Parkanlage. Auf der Empore, wo im Mittelalter die Sternwarte stand, lädt heute ein äußerst reichhaltiges Museum über Ulugbek´s Observatorium zu einer Reise in die Geschichte ein. In etlichen Großstädten des Landes erinnern viele Denkmäler an den tadellosen Wissenschaftler Ulugbek. In einem Manuskript soll er niedergeschrieben haben: „ Ich habe all mein Wissen in Büchern meinen Nachfahren hinterlassen, die sie wohl einzuschätzen imstande sind“